Wie das? Die britische Produzentin Andrea Calderwood nahm Kontakt auf mit meinem Mann, Paul Laverty, fragte ihn, ob er ein Drehbuch schreiben könne über die Lebensgeschichte von Carlos Acosta, basierend auf dessen 2008 erschienener Autobiografie «No Way Home: A Cuban Dancer‘s Story». Paul akzeptierte und fragte mich dann auch gleich, ob ich bereit wäre, Regie zu führen – was ich natürlich gerne annahm. Sie kannten Carlos Acosta und seine Autobiografie zuvor nicht? Nein. Ich wusste zwar, dass er Kubas wohl legendärster Tänzer war, aber mehr nicht. Auch die Autobiografie las ich erst, als Paul mich angefragt hatte. Carlos Acosta ein Superstar – war es schwierig, ihn für das Filmprojekt zu gewinnen? Nein, ganz im Gegenteil: Er war es, der schon lange seine Lebensgeschichte in einem Film erzählen wollte. Carlos hatte schon Filmerfahrung, so hatte er 2008 im Compilationsfilm «New York, I Love You» an der Seite von Natalie Portman gespielt, und 2016 spielte er in der John-Le- Carre-Verfilmung «Our Kind of Traitor» einen kubanischen Tänzer. Ausserdem war bereits ein Projekt über Carlos’ Leben gestartet worden, dass dann aber scheiterte. Sie sehen also, ich hatte Glück, kam genau im richtigen Moment. Und wer hatte die Idee, dass Carlos im Film die Szenen der Gegenwart auch selber verkörpert? Die Idee kam von Paul und mir gemeinsam. Wir wussten zwar um das Risiko des Projekts, aber risikobereit wie Carlos ist, liess er sich sofort von der Idee begeistern. Welches war für Sie die grösste künstlerische und erzählerische Herausforderung in diesem Mix aus dem realen und dem von Keyvin Martinez verkörperten Carlos Acosta? Da muss ich zuerst präzisieren: Keyvin Martinez ist Tänzer, er hatte keinerlei Schauspielerfahrung. Wir hatten also einen Tänzer, der das Schauspielen erlernen musste und einen Tänzer mit Schauspielerfahrung, der aber sich selber als Tänzer verkörpern musste. Der Film ist von seiner Struktur her so aufgebaut, dass er von der Gegenwart aus erzählt und dabei weitgehend fiktional ist. Dabei kommt es immer wieder zu Szenen, in denen das, was der von Keyvin Martinez gespielte Carlos erzählt, seine Entsprechung in Tanzszenen findet, die vom realen Carlos Acosta getanzt werden. Oder es gibt Archivaufnahmen von Carlos Acosta in der Royal Opera – doch wer dann in der Anschlusszene aus der Royal Opera herausgeht, ist Keyvin Martinez. Genau. Und umgekehrt gibt es Szenen des realen Carlos Acosta in Begegnungen mit Personen aus seinem Leben, etwa mit Cherry, seiner früheren Ballettlehrerin, die von einer Schauspielerin (Laura de la Uz) gespielt werden. Das sind Dinge, die auf dem Papier reizvoll erscheinen, aber ob sie dann auch wirklich funktionieren würden, da hatten wir lange grosse Zweifel. Interview: Geri Krebs