«Für mich ist die Filmerei eine abgeschlossene Sache. Eigentlich bin ich froh, dass ich seit über drei Jahren nichts mehr damit zu tun habe». Fredi Murer begrüsst den Gast an diesem heissen Sommertag in seinem Wohnatelier in der Zürcher Altstadt. Der bald Achtzigjährige wohnt seit 1986 hier, im 5. Stock des Grimmenturm, einem stattlichen mittelalterlichen Gebäude, das mit seinen 800 Jahren zu Zürichs ältesten gehört und, denkmalgeschützt, keinen Lift hat. «Mit zunehmendem Alter werde ich immer fitter», witzelt Murer - «gezwungenermassen, denn es passiert mir doch öfter, dass ich beim Einkauf die Hälfte vergesse und so den Weg hinunter und hinauf mehrmals machen muss.» Nein, trotz der Begrüssungsworte wirkt der Filmemacher – wie auf der Visitenkarte steht - alles andere als altersgriesgrämig. Vielmehr strahlt der 1940 in Beckenried/ NW geborene Cineast Lebensfreude und eine gehörige Portion Schalk aus. Er habe, nachdem er über fünfzig Jahre lang Filme realisierte, endlich Musse für alles, was er zuvor vernachlässigte, sagt er. «Ich zeichne, schreibe, beteilige mich gelegentlich an szenischen Lesungen – und ich habe vor allem Zeit, um mit meinen Enkelinnen zu spielen, zu zaubern oder einen Hasenstall zu bauen», gibt er lächelnd zu verstehen. Und wird ernst, als er sagt, und zunehmend werde er angefragt wegen Nachrufen für verstorbene Weggefährten. Die bisher letzten beiden, Pio Corradi und Bruno Ganz, waren weltberühmt - und Murers Worte für die Verstorbenen in den Programmheften der Kinos Xenix (Zürich) und Kinok (St.Gallen) – die im April je eine umfangreiche Retrospektive zeigten – sind bewegend und persönlich, überragen, was man sonst in den Feuilletons über die zwei Ausnahmekünstler las. Er mache das seinen Freunden und Hinterbliebenen zuliebe nicht ungern, und diese Anfragen seien ja auch ein Zeichen, dass man ihn, der sich ganz aus der Filmszene zurückgezogen habe («ich gehe auch an keine Festivals mehr») noch nicht ganz vergessen habe. «Aber natürlich frage ich mich bei der Nekrologschreiberei auch: wer ist wohl der nächste?» Darum müsse er ab und zu am Spiegel vorbeigehen, um sich zu vergewissern, ob da noch jemand vis à vis sei, scherzt er und fragt dann den Schreibenden, ob er jetzt auch noch etwas über seine Filme erzählen müsse. «Meine geistige Heimat ist der Experimentalfilm“, erklärt er dann und erzählt, wie er mit 17 aus Altdorf/UR – wohin seine Eltern 1946 gezogen waren – ins grosse und fremde Zürich gekommen sei. Hier machte er, der