ARTTV REZENSION «Bescheidenheit»: Das ist das heilsbringende Losungswort in diesem rasant inszenierten Film aus Frankreich, denn Bescheidenheit soll die politische Karriere des sozialistischen Bürgermeisters von Lyon retten. Dafür muss er vom hohen Ross heruntersteigen, weg vom ewigen Leerlauf, das sein Amt mit einem grossen Stab von aufgeregten und sich wichtig nehmenden Beratern bestimmt und vor allem heisse Luft produziert. Seine Agenda ist übervoll und seine Tage gleichen einem Hürdenlauf. Es ist die politisch völlig unerfahrene Alice, gebildet, selbstsicher und mit Bodenhaftung, die in den direkten Dienst des Bürgermeisters gestellt wird, um ihm das politische Überleben zu sichern. Sie soll ihn mit Ideen füttern, weil er seit Jahren nur noch funktioniert und nicht mehr denken kann. Dafür wurde eigens eine Stelle geschaffen, die es in der Marie bis anhin nicht gegeben hat. Alice ist Philosophin, verliert nie den Durchblick und lässt sich vom grossen Brimborium in diesem Amt nicht beeindrucken. Ihrem Chef sagt sie klar die Meinung, kennt Rousseau, Orwell und all die andern, liest viel, liest ihm vor, sagt ihm schliesslich, das wichtigste sei, dass er den Kontakt zu seinen Wählern wieder finde, um zu verstehen, was sie bedrücke, was ihre Anliegen seien. Und da kommt die Bescheidenheit ins Spiel, weg von der intellektuellen Schaumschlägerei. Eine gemeinsam verfasste Rede soll ihn wieder auf Kurs bringen und könnte entscheidend sein. Er denkt sogar ans Präsidentenamt.