Bezirkszeitung vergleichbar: Todesanzeigen, Chronik, Inbetriebnahme eines neuen Schilifts, Hoteleröffnung, Sondermüllabholung. Die Redakteure dort halten die Stadt am Leben. Auf dieses Paradoxon hinzudeuten, ist mir viel wichtiger als diese Chimäre vom WEF zu thematisieren. Das WEF hat uns sehr unterstützt. Es war nicht selbstverständlich, dass wir da reindurften. Man ist uns mit einer Offenheit begegnet, die alle bis heute überrascht. Ich wollte es nur ein wenig entzaubern. Das WEF ist eine Art Gartenbaumesse des internationalen Wirtschaftslebens. Jeder hat einen Stand, jeder muss sich marktschreierisch behaupten und es macht die Welt unheimlich klein. Wie sehr kommt man auf eine inhaltliche Ebene. Man hört von 400 Arbeitsgruppen, gibt es etwas wie ein Arbeitsthema? Oder ist es eher das Treffen einer Blase, die sich darin bestärkt, wie es ein Redner auf den Punkt bringt, «dass der Handel frei bleiben muss und als fair wahrgenommen werden soll»? Daniel Hoesl: Es gibt schon eine Agenda, sonst hiesse es nicht Weltwirtschaftsforum. Es werden mehrere Ziele verfolgt, manches gelingt ihnen besser, manches schlechter. Julia Niemann: Was am WEF schon sehr spannend ist, ist, dass die Spitzen sämtlicher Disziplinen zusammenkommen und diskutieren. Ob es dabei je ums Eingemachte geht, bleibt eine andere Frage. Es gab beim letzten WEF eine Diskussion zum Thema The Cost of Inequality, u.a. mit dem Philosophen Rutger Bregman, der irgendwann meinte, er fühle sich wie auf einer Feuerwehr-Tagung, bei der niemand über Wasser reden dürfe. Das zeigte für mich ganz gut, dass es vielleicht doch eher diplomatisch zugeht und um den heissen Brei herumgeredet wird. Wenn ich an Szenen denke wie jene mit der Geburt des Kalbes, mit den Jugendlichen Geflüchteten, die gemeinsam rappen oder mit den Erläuterungen im Kirchner Museum, so entsteht der Eindruck, dass Sie Ihren Bildern sehr viel Zeit gegeben haben. Was war Ihr Zugang zur Zeit und zum Rhythmus im filmischen Erzählen bei diesem Projekt? Daniel Hoesl: Wir hatten einen Schweizer Kameramann, der die Ruhe selbst ist und wir hatten vierzehn Monate in Davos. Dazu noch den Luxus, dass wir dank eines selbstlosen Teams sehr viele