Welche persönlichen Erinnerungen verbinden Sie mit dem Locarno Film Festival? 2001 konnte ich letztmals einen Film von mir am Festival präsentieren. Es handelte sich um das Freundschaftsdrama «birthday», der Film lief im Rahmen des «Panorama Suisse», es war also keine Premiere. Zwei Weltpremieren hatte ich dagegen in den Jahren 1994 und 1995. Im Wettbewerb von «Pardi di domani» konnte ich zwei meiner Kurzfilme zeigen, die ich damals noch als Student der Filmakademie Baden-Württemberg realisiert hatte. Und einige Jahre davor, 1989, war ich als 19-jähriger filmbegeisterter Seminarist im Rahmen von «Cinema e Gioventù» ans Festival eingeladen worden. Ich erinnere mich noch gut, dass damals im Hauptwettbewerb der südkoreanische Spielfilm «Warum Bodhi Dharma in den Orient aufbrach» lief; von Bae-Yong- kyun – ein Werk, das mich durch seine Spiritualität und seine grossartige Ästhetik begeisterte, das für mich bis heute zu meinen wichtigsten Kinoerfahrungen gehört. Kannten Sie damals schon den Monte Verità und seine Geschichte? Ich habe den Monte Verità 1989 das erste Mal besucht und war sofort fasziniert von seiner Historie. Wenn Sie mich jetzt fragen, ab wann ich die Idee gehabt hatte, hier einmal einen Film zu drehen: Sie entstand ungefähr um 2001, als ich zum wiederholten Male auf dem Monte Verità war. Doch wenn man im Filmgeschäft bestehen will, muss man ohnehin immer mehrere Ideen und Pläne nebeneinander verfolgen, man darf sich nicht zu stark nur auf ein einziges Projekt konzentrieren. So hat es eben seine Zeit gedauert, bis ich mein Herzensprojekt verwirklichen konnte. «Monte Verità» ist ja von meinen bisherigen neun Spielfilmen der mit Abstand aufwendigste, ich hatte zuvor noch nie ein so grosses Projekt, eine Koproduktion zwischen der Schweiz, Deutschland und Österreich, gestemmt – und vor allem hatte ich noch nie einen historischen Film realisiert. Die Erzählung beruht im Wesentlichen auf wahren Begebenheiten, die sich so im Jahr 1906 auf dem Monte Verità ereigneten, die Personen im Film – etwa der Psychiater Otto Gross (gespielt von Max Hubacher), die Mitgründerin und Frauenrechtlerin Ida Hofmann (Julia Jentsch) oder Hermann Hesse (Joel Basmann) – sie haben real existiert. Eine Ausnahme bildet dagegen die Hauptprotagonistin, die junge Mutter Hanna Leitner. Erzählen Sie uns von dieser Figur…