«Triumph of Iron» wurde auch im Schweizer Fernsehen ausgestrahlt. Das hat mich sehr ermutigt weiterzumachen. Und was bedeutet Bern für Sie? Bern ist wichtig für mich, ich fühle mich gut hier, aber mein Dasein in dieser Stadt ist nur ein Teil meines Lebens, ein Stück „Nomaden Heimat“. Ich weiss nicht, was mich in Zukunft noch erwartet, wo es mich hinführt. Wichtig ist für mich, dass ich weiter Filme machen kann, denn das Filmschaffen ist mein Leben, meine Leidenschaft. Meine Themen haben eng mit mir zu tun, ich muss mich identifizieren können, ich muss wissen, von was ich rede. Sie erweisen Bern in Ihren Filmen ja auch immer wieder Referenz. Ja, der Spielfilm «Die Schwalbe» beginnt in Bern, wo eine junge Frau nach Kurdistan aufbricht, um ihren unbekannten Vater zu suchen. Per Zufall hatte sie durch Briefe, die sie auf dem Estrich gefunden hatte, von ihm erfahren. Und in «Nachbarn» gelingt der jungen jüdischen Frau Hannah die Flucht in den Westen, nach Bern. Sie schickt eine Postkarte in ihre Heimat, auf der das Berner Münster abgebildet ist. Auch den Dokumentarfilm «Unser Garten Eden» habe ich in der Nähe von Bern gedreht. Hier geht es ebenso um Identität und wie Leute aus verschiedenen Ländern in einem Schrebergarten miteinander umgehen, wie sie zurecht kommen. Wir erleben jetzt gerade eine weitere humanitäre und politische Katastrophe: Afghanistan. Was geht in Ihnen vor? Die Welt ist dabei, in dunkle Tiefen abzudriften. Der Westen hat aufgegeben. Das Gespräch führte Madeleine Hirsiger Die Menschen dort sind sich selbst überlassen, in einem Klima von Menschenverachtung, Demütigungen und Terror, ohne Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Die zivilisierte Welt verschränkt die Arme und schaut zu und sagt sich: macht doch, was ihr wollt. So lassen wir im Jahr 2021 Zustände herrschen, die den dunkelsten Zeiten im Mittelalter ähneln. Dabei geht es uns alle an, was in Afghanistan passiert: Abgesehen von den Flüchtlingsströmen, die bald auch Europa erreichen werden: wo sind unsere Werte für Solidarität, Menschenrechte und Freiheit? Kommen wir nochmals auf ihren neusten Film zurück. Wie haben Sie die Reaktionen auf «Nachbarn» erlebt? Überall, wo der Film gezeigt wird, sind die Reaktionen positiv. Ich freue mich sehr darüber. Den Auftakt der Vorführungen machte übrigens das Filmfestival in Schanghai. Leider konnte ich wegen Corona nicht anwesend sein. Mittlerweile ist «Nachbarn» an 30 Festivals eingeladen: Europa, Asien und die arabischen Länder wollen den Film in ihre Programme aufnehmen. Er hat übrigens gerade den renommierten «San Francisco Bay Area Film Critics Award 2021» gewonnen. Das ist natürlich eine grosse Genugtuung und Bestätigung für mich und für alle Beteiligten. Dieser Film ist eine Herzensangelegenheit: das Drehbuch trug ich 25 Jahren mit mir herum, wir lebten zusammen. Aber die Situation hat sich auch immer wieder verändert, es kam nie zur Realisierung des Projektes. Nun ist der Film da und es ist Ruhe eingekehrt.