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Darauf haben wir lange gewartet. Seit zehn Jahren wird gefordert, der Schweizer Film müsse radikaler, authentischer, mutiger, internationaler werden. Bis dato ist das keinem Schweizer Spielfilmregisseur so richtig gelungen. Was nicht heisst, dass es in den letzten zehn Jahren keine hervorragenden Schweizer Filme gab. Aber es geht eben um mehr als um gute Filme. Es geht um jene, die sich nicht mehr aus unserem Bewusstsein auslöschen lassen. Wie ein Wasserzeichen. «Grounding» von Michael Steiner war so ein Film. Da war auf einmal Tempo, Energie, erzählerische Entschlossenheit. Oder «Der Sandmann» von Peter Luisi, der aufzeigte, dass auch Schweizer Filmemacher Komödien erzählen können, die nicht an der Grenze geistiger Beschränktheit herumalbern müssen. Ursula Meiers «Home» wiederum gefiel durch seine Raffinesse des Erzählens. Und klar, da gab es auch ganz viele überzeugende Dokumentarfilme. Nur, das konnten wir ja schon immer! Und jetzt diese Dora! Die Geschichte einer geistig behinderten jungen Frau, die sich aufmacht, die Liebe und die Sexualität zu entdecken. Der Film erfüllt gleich den gesamten eingangs aufgeführten Anforderungskatalog auf einen Schlag. Das beginnt bei der intensiven Story. Sie basiert auf einem Theaterstück von Lukas Bärfuss. Werenfels hat die Geschichte genial fürs Kino adaptiert, unserer Zeit angepasst, mit eigenen Ideen angereichert und bildstark umgesetzt. Ganz ohne Kompromisse. Das ist nicht immer einfach zu ertragen. Wenn die hochschwangere Dora auf ihren Bauch einschlägt und sich das Piercing aus dem Nabel reisst, wenn wir mit ansehen müssen, wie das Blut in ihre Scheide läuft, dann ist das starker Tobak. Aber es macht eben Sinn. Alles entspringt einer erzählerischen Logik. Radikal, konsequent aber weit weg von billiger Effekthascherei. Die Kameraarbeit erinnert zeitweise an die Bildsprache von Pipilotti Rist. Wenn Dora ihren 18. Geburtstag feiert und im roten Kleid über die grüne Wiese tanzt, unendlich sich im Kreise drehend, dann ist das wie ein visueller Sog. Da zieht es einen mit Wucht in die Geschichte rein und man begegnet Menschen, denen man jedes Wort glaubt, das sie sagen und bei denen jede Regung authentisch wirkt. Dass Werenfels eine besondere Gabe hat, Schauspieler zu leiten, hat sie bereits in «Nachbeben» gezeigt. Schon damals sind die Schauspieler im Kollektiv zu Höchstform aufgelaufen. Das ist bei Dora nicht anders. Alle spielen sie gut. Mit einer Ausnahme: Victoria Schulz als Dora, das ist nicht gut, das ist schwindelerregend gut. (FS)

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