Wahrheit oder Jux? Ein Gerücht bildet den Ausgangspunkt des Films: Ein Mann, unterwegs auf seinem Motorrad, soll mit einem Rasiermesser die Hintern von Tunesierinnen geritzt haben. Man nannte ihn Challat, «die Klinge». Zehn Jahre später begibt sich die junge Regisseurin Kaouther Ben Hania auf die Suche. Je länger die Suche nach «Challat» dauert, desto zwielichtiger wird die ganze Sache: eine Enquête, ein Metafilm oder alles ein grosser Jux? Man hört bald auf, sich Fragen zu stellen, denn die Interview- und Actionszenen in den Quartieren von Tunis jagen sich und widerlegen laufend das eben Gehörte oder Gesehene, so dass man bald mehr die meisterliche Jongliernummer der jungen Regisseurin bestaunt, als versucht, der Wahrheit auf die Spur zu kommen. Die Menschen überraschen immer wieder von neuem mit ihrem Schwung, salopper Beredsamkeit und der Fähigkeit zur Selbstironie: Die Männer finden ihren ganz eigenen Dreh, sich über ihren Machismo lustig zu machen. Probleme auch nach der Jasmin-Revolution Dokument oder Fiktion? Eine Mischung von beidem und eine vergnügliche Irritation. Erst im Abspann kann man feine Unterschiede ausmachen. Das Abtauchen in die Realität der tunesischen Gesellschaft nach der Jasmin-Revolution zeigt, dass diese längst nicht alle Probleme gelöst hat. FIFF Vorpremiere in Bern, Montag 7. März 2016, 18.15h, CineMovie 1, Seilerstrasse 4. Filmpräsentation durch Festivaldirektor Thierry Jobin: «Le Challat de Tunis» von Kaouther Ben Hania, Tunesien/Frankreich 2014, 90 Min., Originalversion, arabisch/d/f UT. TRAILER